Fragen & Antworten in diesem Fachartikel.

A. Die Mietkaution im Insolvenzverfahren – Was ist zu beachten?

Aus insolvenzrechtlicher Sicht interessieren uns in diesem Rechtsratgeber explizit die Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf die Mietkaution. Nach den Vorschriften der §§ 80, 81 InsO geht mit Insolvenzeröffnung die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter/Treuhänder über.

Fällig werdende Ansprüche stehen (speziell als Neuerwerb) der Insolvenzmasse zu (vgl. hierzu auch § 35 Abs. 1 InsO). Das Mietverhältnis über unbewegliche Gegenstände oder Räumlichkeiten besteht als Dauerschuldverhältnis über die Insolvenzeröffnung hinaus mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort (vgl. hierzu § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO).

I. Beendigung des Mietverhältnis – Welche Auswirkung haben die Erklärungen nach § 109 Abs. 1 InsO auf das Schicksal der Mietkaution?

Für die Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung (s. § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO) versteht sich, dass Mietverhältnis und Kaution zwischen den Parteien abzurechnen sind.

Hierbei stellt sich nun die Frage, ob die Mietkautionszahlung nach Abgabe der Erklärung nach § 109 Abs. 1 InsO überhaupt noch der Insolvenzmasse zusteht?

Die nicht verbrauchte Kaution steht dem Mieter bzw. der Insolvenzmasse zu. Der BGH hat zu dieser Frage noch nicht abschließend Stellung bezogen (s. BGH, Urt. v. 19.6.2008 – IX ZR 84/07).

Trotz Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO verbleibt der Mietkautionsrückzahlungsanspruch somit in der Insolvenzmasse. Die Erklärung und die Bestimmung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO bedeutet somit in einem ersten Schritt keine „Freigabe“ der Mietkaution.

II. In welchem Umfang steht die geleistete Mietkaution der Insolvenzmasse zu?

Weiterhin ist zudem zu klären, in welchem Umfang die Mietkaution der Insolvenzmasse zusteht. Hierbei sind zunächst die Ansprüche des Vermieters zu klären und zu bewerten.

1. Ansprüche des Vermieters

Welche Ansprüche des Vermieters sind in der Insolvenz des Mieters noch als relevant zu erachten?

§ 108 Abs. 3 InsO besagt, dass Ansprüche für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur noch alsInsolvenzforderungen geltend gemacht werden können. Dies würde bedeuten, dass diese Forderungen lediglich zur Tabelle angemeldet werden können und quotal befriedigt würden.

Ansprüche, die nach Ablauf der Dreimonatsfrist (§ 109 Abs. 1 InsO) fällig werden, kann der Vermieter weder als Insolvenzforderungen noch als Masseverbindlichkeiten – an den Insolvenzverwalter/Treuhänder richten.

Im Ergebnis ist deshalb festzuhalten:

Die Erklärung nach § 109 Abs. 1 InsO bewirkt eine Enthaftung der Insolvenzmasse mit Ablauf der Dreimonatsfrist.

Im Umkehrschluss bedeutet dies:

Mietzinsansprüche des Vermieters und andere Ansprüche aus dem Mietverhältnis für Zeiträume nach Ablauf der Dreimonatsfrist richten sich also nach Ablauf der Dreimonatsfrist nur noch gegen den Schuldner selbst.

Wegen der vorzeitigen „Beendigung“ des Mietverhältnisses kann der Vermieter als Insolvenzgläubiger Schadensersatz verlangen (§ 109 Abs. 1 Satz 3 InsO). Ist dem Vermieter somit aufgrund der vorzeitigen „Beendigung“ ein Mietausfall entstanden, so kann er diesen Mietausfall nur im Rahmen der Forderungsanmeldung nach §§ 174 ff. InsO als bloße Insolvenzforderung geltend machen.

Beachten Sie:

Zu unterscheiden hiervon sind Mietzinsansprüche des Vermieters bis zum Ablauf der Dreimonatsfrist.

Diese stellen Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO dar. Der Insolvenzverwalter/Treuhänder hat es also in der Hand, durch frühzeitige entsprechende Erklärung die Entstehung weiterer Masseverbindlichkeiten zu verhindern. Anderenfalls droht unter Umständen eine persönliche Haftung des Insolvenzverwalters-/Treuhänders nach § 61 InsO.

2. Sicherungszweck der Mietsicherheit

Wir halten fest:

Die Mietsicherheit dient der Sicherung aller Vermieteransprüche aus der Abwicklung des Mietverhältnisses. Sie steht dementsprechend auch im Austauschverhältnis mit einzelnen Zahlungsansprüchen.

Grds. kann also der Vermieter entscheiden, welche Rückstände und Forderungen – unerheblich, ob Masseverbindlichkeiten oder Insolvenzforderungen – zunächst auf die Mietkaution verrechnet werden. Das Tilgungsbestimmungsrecht bezieht sich auch auf vor und nach Insolvenzeröffnung entstandene Verzugszinsen oder Rechtsanwaltskosten.

III. Ergebnis

Der Insolvenzverwalter/Treuhänder übernimmt das bestehende Mietverhältnis mit Insolvenzeröffnung gemäß den Vorschriften der §§ 80, 81 InsO als (vgl. § 108 Abs. 1 InsO) Dauerschuldverhältnis.

Insolvenzspezifische Besonderheit ist, dass die Insolvenzmasse durch ein Sonderrecht des Insolvenzverwalters/Treuhänders zur Beendigung des Mietverhältnisses (für die Insolvenzmasse) durch Erklärungen nach § 109 Abs. 1 InsO von (zukünftigen) Masseverbindlichkeiten frei gehalten werden kann.
Aus den insolvenzrechtlichen Regelungen ergeben sich keine Besonderheiten hinsichtlich der Abrechnung der Mietkaution.

Fazit:

Der Vermieter kann sowohl mit Insolvenzforderungen als auch Masseverbindlichkeiten nach seiner Wahl aufrechnen. Ein Aufrechnungsverbot besteht in diesem Zusammenhang nicht.